Kann ein Anime in der Zukunft spielen?

  • Natürlich kann das Datum des Anime einfach in die Zukunft gesetzt werden, genauso wie sich das Datum von Meitantei Conan von 1996 auf 2019 verändern kann, ohne das auch nur ein Jahr im Anime vergeht. Man kann auch sagen, dass ein Charakter -30 Jahre alt ist und sich das irgendwie so zusammendichten, dass er erst in 30 Jahren geboren wird, aber jetzt schon mit der Welt in Kontakt steht. Ein Charakter kann auch 2000 Jahre alt sein oder nur 18 und dann aber doch ganz anders aussehen.


    Ich stelle mir die Frage ob eine Geschichte wirklich in der Zukunft spielen kann oder ob das nicht eher eine Unterklasse von "anderer Welt" ist. Sobald die Realität die Geschichte einholt, kam oder kommt sowieso alles ganz anders. (Laut GitS ging 2015 der zweite Vietnam-Krieg los.)


    Es geht mir bei der Frage mehr um die Ontologie. Gehört "Zukunft" zur Zeit, zusammen mit Vergangenheit und Gegenwart oder ist es eine Art von Welt? Wenn es eine alternative Welt wäre, würde es keinen Sinn mehr machen, diese auf unserer Zeitachse zu bewerten. Man kann sich höchstens an der vorhandenen Technologie orientieren. Aber selbst da sind Autoren meistens in ihrer Zeit bei der Vorstellungskraft gefangen, weswegen es nicht selten trivial ist Science Fiction Werke ungefähr zu datieren.


    Wenn Anime nicht in der Zukunft, sondern nur in anderen Welten, spielen können, macht es dann überhaupt noch Sinn, Anime basierend auf der Zeit, in der sie spielen zu kategorisieren? Denn wenn "Zukunft" eine Form von "anderer Welt" ist, müsste "Vergangenheit", es dann nicht auch sein? Bei Zeitreisen und Multiversum ja sowieso, aber auch bei historischen Anime stellt sich dann die Frage, ob das der Ontologie nach sinnvoller "andere Welt>Meiji-Periode", als "Zeit>Vergangenheit>Meiji-Periode" wäre.

  • Zitat

    Denn wenn "Zukunft" eine Form von "anderer Welt" ist, müsste "Vergangenheit", es dann nicht auch sein?

    Mhhh... ich würde das nicht unbedingt so sehen. Der Unterschied ist wohl, dass man, soweit die Quellenlage es zulässt du die Vergangenheit "korrekt" darstellen kannst, im Gegensatz zur Zukunft. Andererseits ist das auch nur das "Setting", dass es so ist wie in der Vergangenheit und nicht die Vergangenheit selbst zeigt, da die im Anime behandelten Ereignisse real nicht stattgefunden haben werden (probably). Selbst Filme über historische Persönlichkeiten sind ja doch immer mehr Interpretation als Wirklichkeit. Aber die lässt sich ohnehin nicht fehlerlos abbilden, solange nicht 24/7 ne Kamera dabei war. Das ist dann wohl der Unterschied zwischen plausibel und echt und das kann man mit unserem Kenntnisstand dann nicht unterscheiden. Nur solange du eben nichts in die Geschichte einbaust, was bekannten Fakten widerspricht, wird eine Geschichte im historischen Setting immer plausibel bleiben, die Geschichte mit Zukunftssetting wird hingegen zwangsläufig zur alternativen Welt, wenn das Stichdatum überschritten wird. Ich würde also eher die Frage stellen ob du so ein plausibles Szenario auch als andere Welt betrachten würdest. Aber so etwas gilt für Geschichten in der Gegenwart eigentlich gleichermaßen, weil das Erzählte jetzt gerade (höchstwahrscheinlich) auch nicht passiert.

  • Das ist mehr eine philosophische Frage, oder?


    natürlich kann die Zukunft nicht genau vorhergesagt werden, und wenn die Zeit in der Realität den Punkt in der Story erreicht wird es immer Unterschiede geben...


    Aber wenn man es ganz genau nimmt, dann gilt das genauso für die Gegenwart und die Vergangenheit, also mache ich mir darüber keine Gedanken.

  • Es ist eine Frage der Ontologie, aber im Sprachgebrauch kann man es auch philosophische Frage nennen.


    Dass die Gegenwart dann nachziehen müsste, ist richtig. Plausibel sind meist auch Geschichten, in denen Magie vorkommt. Doch die finden dadurch automatisch in einer Welt statt, die sich von unserer unterscheidet.


    Je mehr ich darüber nachdenke, desto sinnvoller erscheint es mir, nicht in "Zeit", sondern in "Welt" zu denken. Und solange die Welt eine ist, die unserer sehr nahe ist, kann man diese über Zeit weiter unterteilen. Denn solange es eine Welt ist, die unserer nicht ähnlich ist (bspw. Slayers oder FMA), macht es keinen Sinn mehr diese auf einer Zeitachse zu bewerten. Wäre Zeit aber auf einer Ebene von Welt, müsste man auch alle anderen Welten der Zeit nach einordnen.


    Es ergibt sich quasi eine Struktur, die wiefolgt ausschaut:


    World
    Our World
    Normal
    Different
    Past
    Future
    Present
    Other World



    ...während bei World>Our World>Normal impliziert ist, dass es die Gegenwart ist, ist auch impliziert, dass es keinerlei Magie, Mechas oder sonstige Abweichungen gibt, während das bei World>Our World>Different durchaus möglich wäre.


    Auf die Art kann man halt nicht mehr einfach zwischen historisch akkuraten und historischen Geschichten mit Magie (oder sonstwas) unterscheiden. Hmmm. Auch nicht gut, wenn denn historisch akkurate Geschichten möglich sind und da bin ich mir unsicher. Von der Sache her müsste das ja gehen.

  • Zitat

    Plausibel sind meist auch Geschichten, in denen Magie vorkommt. Doch die finden dadurch automatisch in einer Welt statt, die sich von unserer unterscheidet.

    Witzigerweise aber nur deshalb, weil sich die Menschheit darin einig ist, dass Magie real nicht existiert. :D Theoretisch wurde der Beweis der Nichtexistenz von Magie per se aber nicht gebracht (weil es auch unmöglich ist ihn zu bringen, außer es ließe sich irgendwann Mal eine Weltformel oder sowas finden, die das ausschließt), nur die Abwesenheit eines hinreichenden Indizes der Existenz von Magie, dennoch kommt heute fast keiner mehr zu der Annahme, dass es Magie gibt.
    Und da sind wir dann eigentlich auch bei den historisch akkuraten Geschichten. Wenn keine Falsifizierbarkeit durch Gegenbeweise vorliegt, liegt der Unterschied zwischen einer historisch glaubhaften Geschichte und einer mit Magie, die ansonsten aber auch keinen eindeutigen Fakten widerspricht, nur in der subjektiven Beurteilung der Leute, die das eine als realistisch/glaubhaft/plausibel und das andere als ausgedacht/fantastisch/unglaubhaft einstufen.
    Historisch akkurate Geschichten sind meiner Ansicht nach nur relativ möglich, da sie nur abhängig von unserem Vergangenheitswissen akkurat sein können, da absolut vollständiges Wissen über die Vergangenheit nicht möglich ist und somit auch keine absolute Akkuratheit erreicht wird. Aber sie sind immerhin relativ akkurat, solange sie zum aktuellen Wissensstand passen. Die relative Akkuratheit sollte mMn aber auch ausreichen, um ein Werk als historisch zu bezeichnen. Eine Frage wäre nur ob man einem Werk die Bezeichnung historisch absprechen will, wenn ein neuer Fakt über die Vergangenheit bekannt wird, der beweist, dass dieses Szenario nicht stattgefunden haben kann. Ich denke das würden die wenigsten Leute tun, dennoch verhält es sich hier sehr ähnlich zum Stichtag eines Zukunftsszenarios, der dieses unmöglich macht.
    Das Problem besteht eigentlich weiterhin bei der subjektiven Beurteilung der Plausibilität. Denn wenn man sich nur konsequent an Fakten hält was die Einordnung in unsere/andere Welt hält kann auch eine Welt mit Magie "unsere" Welt sein (wenn sie ansonsten relativ akkurat ist). Es wird erst dadurch zwangsläufig eine andere, da wir davon ausgehen, dass Magie nicht existiert. Die Einordnung beruht also auf gesellschaftlichem Konsens.


    Ich denke ein weiterer Faktor ist die Relevanz und die Spannweite von Gegenwart und Zukunft. Für die Relevanz siehe z.B. Star Wars. Die Eigenbeschreibung setzt mit vor langer Zeit in einer weit entfernten Galaxis ein. Damit hat sich das Werk selbst das Setting Vergangenheit und "unsere Welt" (nur halt fucking weit weg) gegeben, dessen relative Akkuratheit erst widerlegt werden kann, wenn wir zu 100% nachweisen können, dass z.B. diese Galaxis so nicht existiert. Niemals würde jemand Star Wars aber als Werk mit historischem Setting beschreiben.
    Zur Spannweite der Zeitbegriffe. Es ist eigentlich unmöglich von Gegenwart zu sprechen, da das Werk streng genommen theoretisch immer zu exakt dem Zeitpunkt stattfinden müsste, zu dem es gerade konsumiert wird. Das funktioniert alleine wegen Tageszeiten schon nicht. Das heißt Gegenwart ist auch nur relativ insofern, als es so nah an unseren jetzigen Verhältnissen dran ist, dass man es nicht mehr als Zukunft oder Vergangenheit einstufen würde. Aber so setzt man da an? Das wird sicher von Person zu Person immer variieren und sich mit der Zeit auch immer ändern (gerne wird sowas ja an Technologien oder Gegenständen aus bestimmten Zeitabschnitten festgemacht, da diese belastbare Termini post und ante quem anbieten), aber eigentlich macht es inhaltlich in den allermeisten Fällen keinen Unterschied, ob ein Werk in der "Gegenwart" stattfindet oder zwei Wochen in der Zukunft. Daher verhält es sich also bis zu einem gewissen Punkt zwangsläufig auch gleich.


    Ich glaube inzwischen fast Fiktion behandelt zwangsläufig immer eine andere Welt, egal "wann" sie stattfindet, die Frage ist nur wie sehr diese Welt der unseren gleicht oder eben nicht.