Bildungspolitik

  • Sicherlich ein Thema zu dem jeder eine eigene Meinung hat und wo Fakten sicherlich willkommen, aber auch schwierig zu interpretieren sind.
    Ich habe daher mal den aktuellen Bildungsbericht der OECD verlinkt. Nun wird sicherlich nicht jeder mal eben ein 600 Seiten Dokument lesen wollen(ich auch nicht), daher würde ich vorschlagen das wir uns interessante Punkte herauspicken und diese dann diskutieren. Ein sicherlich interessantes Thema, gerade auch durch die ständig steigenden Studentenzahlen: Lohnt sich studieren noch für den Einzelnen und die Gesellschaft, oder ist es ein Minusgeschäft? Das wird in Abschnitt A7 erläutert. Erstaunlich hierbei ist folgendes:

    Zitat von OECD-Studie, Seite 147

    Im Durchschnitt ist der staatliche Gesamtnutzeneines Abschlusses im Tertiärbereich bei Männern um ungefähr 50 Prozenthöher als bei Frauen.

    Ähnliches gilt bei dem privaten Nutzen den man aus einem Abschluss generiert: Frauen erreichen nur ca. 2/3 des "Bildungsbonusses" wie Männer. Was verschiedene Ursachen hat:


    Zitat von OECD-Studie, Seite 144

    Die niedrigeren Raten für Frauen können auf vielerlei Faktoren zurückgeführt werden,z. B. auf niedrigere Erwerbseinkommen, höhere Erwerbslosenquoten, einen im Durchschnitthöheren Anteil von Teilzeitbeschäftigung und unterschiedliche Präferenzen vonMännern und Frauen bei der Wahl der Fachrichtung. Steuersysteme können verheirateteFrauen davon abhalten, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Bei einem Mangel anfrühkindlichen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen könnten die Frauen eher zu Hausebleiben und sich der Kindererziehung widmen, solange die Kinder klein sind.


    Jetzt ist natürlich die große Frage: Welche Konsequenzen sollte man daraus ziehen? Sollten Männer stärker gefördert werden und es für sie leichter werden den Notenmalus auszugleichen, denn sie aufgrund ihres Geschlechts bekommen? Sollten Frauen stärker gefördert werden? Sollte es schwieriger gemacht werden Teilzeitarbeit anzunehmen?
    Oder im Kern: Glaubt ihr dieser Unterschied liegt nur darin das Frauen durch die gesellschaftlichen Umstände daran gehindert werden genauso leistungsfähig* zu sein, oder meint ihr es liegt biologischen Grundprogramm, dass Männer mehr Ertrag erwirtschaften?


    *leistungsfähig im Sinne des wirtschaftlichen Erfolges. Für generelle Leistungsfähigkeit und Arbeitseinsatz gibt es andere Studien, die ebenfalls einen Geschlechterunterschied sehen, aber erst mal nicht so relevant sind.


    Oder habt ihr ganz andere interessant Punkte zum großen Feld der Bildungspolitik die ihr gerne diskutieren wollt?

  • Es muss mehr zentralisiert werden. Abitur is nich vergleichbar unter den Bundesländern.
    Zumindest die Prüfungen könnte man für ganz Deutschland zentralisieren, wenn auch gewisse Freiheiten nach unten weitergegeben werden sollten und die Schulen auch Freiheiten haben sollten.


    Der NC beim Medizinstudium wird aktuell übrigens ja grad vom BVerfG geprüft. Unter anderem das Argument dass die Abiturnote nich so viel aussagt - und Akademikerkinder immer nen Vorteil haben weil die schneller "Professorensprech" (so ein Artikel den ich las) übernehmen und sich gebildeter ausdrücken können mündlich und schriftlich. Andere brauchen da länger um das eventuell nachzuholen - obwohl sie vielleicht vom Wissen her trotzdem genug wissen und können.

  • In einer Welt des #aufstiegsmythos ist die Bildung eines Kindes der entscheidende Faktor für späteren beruflichen und sozialen Erfolg. Das fängt doch schon mit der Geburt an.
    Kinder aus ärmeren Familien, in denen beide Elternteile Vollzeit arbeiten müssen erhalten wesentlich weniger sprachlichen Input, was sich extrem auf spätere schulische/akademische Leistungen auswirkt. Denn sprachliche Fähigkeiten sind auch an die allgemeine Intelligenz gekoppelt.
    Ähnlich sieht es aus, wenn die Kinder einen Migrationshintergrund haben und die Eltern nur kaum/gar nicht die Sprache des Landes sprechen. Zuhause sprechen sie mit ihren Kindern ihre eigene Sprache, denn wenn sie Deutsch mit ihnen reden würden, könnten sie es nur noch schlimmer machen. Aber das Umfeld ist dann vielleich auch migrantisch und spricht die Sprache nicht so gut.
    Im allerschlimmsten Fall ist es eine migrantische Familie, in der die Eltern kaum die Landessprache sprechen und dann auch noch den ganzen Tag in der Arbeit sind. Ein Teufelskreis.
    Eine alternative würde es darstellen, so früh wie möglich alle Kinder in einen Kindergarten zu schicken, in dem sie den ganzen Tag sind. Zum Beispiel in Finland gibt es das. Dadurch werden eventuelle Unterschiede aufgrund der sozialen Herkunft zumindest größtenteils homogenisiert.

  • Oder aber die Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund interessieren sich für die Bildung des Kindes, schicken es zur Schule und fördern es, selbst wenn sie die Sprache nicht können. Auch wenn das Kind dann noch mit Deutsch Probleme hat, ist es dank unserem Schulsystem fast egal - man bleibt nicht sitzen, wenn man in einem Fach eine 5 hat.
    Der Teufelskreis entsteht nur, wenn die Eltern nichts für ihre Kinder tun, ihre Bildung ignorieren und lieber all ihr Geld für sich selbst ausgeben, anstatt damit die Kinder zu fördern.

  • Die Hinwendung zu mehr gemeinsamen Lernen ist schon ein richtiger Schritt. Was man stärker fördern sollte, wären Ganztagsschulen. Ein Möglichkeit, die Startnachteile unterprivilegierter Kinder etwas auszugleichen. Wenn die Eltern die Ressourchen nicht haben, muss der Staat respektive Gesellschaft übernehmen. Simple as that.

  • Man sollte Kinder nach der Grundschule in leistungsorientierte Kurse einordnen. Die ersten 4 Jahre kann sich drauf konzentriert werden ihnen die Basics beizubringen.
    Nur leider bleiben auch dort schon Kinder auf der Strecke. Trotzdem ist es dort noch einfacher die Defizite auszugleichen und es ist schon schön in einer Klasse zu sein mit den gleichen Kindern.


    Ab der fünften Klasse kommt ja in Deutschland meistens ein Schulwechsel und ab dann sollte geguckt werden das die Kinder ihren Leistungen entsprechend eingeteilt werden, damit die Stärken
    und Schwächen gut gefördert werden können. Es gibt Kinder die sind Gymnasial LK Level in Sprache von der Begabung her und Hauptschulniveau in Naturwissenschaften.
    Das ist nur ein Beispiel, es gibt alle möglichen Kombinationen. Solche Kinder müssten die Möglichkeit bekommen gleichzeitig an ihren Schwächen arbeiten zu können, ohne das ihre Stärken nicht gefördert werden.
    Oder andersrum, das sie aufs Gymnasium gehen und dann dort in den Naturwissenschaften abkacken, weil das Tempo zu hoch ist und die Grundlagen fehlen.



    Man sieht bgehängte und unterforderte Schüler in jeder Schulklasse. Das ist verschwendetes Potenzial.

  • Das dreigliedrige Schulsystem ist absoluter Cancer für die Chancengleichheit.

    Weil es Leute zurückhält. Leute die Stärken in einem Bereich haben aber Schwächen in einem anderen, landen auf der Realschule und können nicht ihre Talente so fördern wie es auf dem Gymnasium gefördert worden wäre.
    Schüler sollten in 3 Kurse eingeteilt werden. Schwach, Mittel, Stark. Ein Schüler der am Ende des Jahres eine 2 oder 1 hat in einem Kurs, bekommt die Chance in den nächsten Kurs aufzusteigen oder so.
    Ich hab ja auch keine Ahnung was die Lösung für das Schulsystem ist, Ich weiss nur das es ein Problem mit vergeudetem Potenzial gibt weil man ein Individuum nicht mit Haupt Real oder Gymnasium abstempeln kann.
    Leute haben verschiedene Fähigkeiten und Talente.

  • Erzähl doch keinen Unsinn. Kinder aus Akademikerfamilien machen in der Regel auch Uniabschlüsse. Das Märchen vom ungenutzten Potential kann man in die Tonne kloppen. Deutschland fehlt es sicher nicht an Begabtenförderung, zumal Begabtenförderung keinen ökomischen Sinn macht, weil wir von einer verschwindend geringen Minderheit sprechen. Was es Deutschland fehlt, ist Durchlässigkeit. Die Herkunft determiniert weiterhin viel zu stark den späteren Bildungs- und Lebensverlauf. Ganz ökonomisch gedacht liegt hier das Hauptproblem. Es bringt auch nichts, irgendwelche Begabte und Leistungsstarke zu fördern (die eine Minderheit sind), während man die Anderen gleich rausselektiert. Ein früher Selektionsprozess setzt auch ein falsches gesellschaftliches Signal, denn es fördert Elitismus und Dünkeldenken. Soziale Verantwortung lernen die zukünftigen Erfolgsmenschen dann überhaupt nicht. Willst du US-amerikanische und britische Verhältnisse in Deutschland? Nein, der Schlüssel liegt in der breiten Förderung und nicht in der Elitenförderung.

  • Ein dreigliedriges Schulsystem existiert seit Jahren nicht mehr in Deutschland. Hauptschüler müssen sich heutzutage schon sehr beschränkt verhalten, um auch als Hauptschüler zu enden, besonders da LehrerInnen darauf gedrillt sind, SchülerInnen möglichst früh min. bis zur mittleren Reife durchzudrücken.


    Dazu kommt, dass durch die weggefallene Grundschulempfehlung es auch generell von den Eltern vermieden wird den Nachwuchs auf eine niedere Schule zu schicken. Wobei die Empfehlung zukünftig wieder mehr Gewicht tragen soll, viele Kinder bleiben auf dem Gymnasium eben doch überfordert.

  • Die Überforderung resultiert aber wegen Unfähigkeit der Lehrer. Die Schulzeit - samt Abi - ist doch wirklich für jeden Durchschnittsmenschen zu bewältigen. Man unterschätzt viel zu oft die Kapazitäten von Individuen. Die steigenden Abiturientenzahlen belegen ja auch sehr schön, dass das Abi keine unlösbare Aufgabe ist. Ich finde G-8 eigentlich ganz gut, weil jedes weitere Jahr Schule verschwendet ist. Was man eher wieder einführen sollte, ist Zivildienst. 12 Jahre Schule + 1 Jahr verpflichtender Zivildienst sehe ich als richtiges Modell an. Abi für alle sollte weiterhin das Ziel sein.

  • schicken es zur Schule

    ...weil sie das ohnehin müssen? Immerhin sind sie rechtlich dazu verpflichtet.

    fördern es, selbst wenn sie die Sprache nicht können.

    Was nur eben bereits in allen nicht-naturwissenschaftlichen Fächern ein Problem werden wird. Die einzige Alternative wäre Nachhilfe, die sich die Eltern nicht unbedingt leisten können.

    man bleibt nicht sitzen, wenn man in einem Fach eine 5 hat.

    Die Sprachprobleme werden sich durch alle Fächer ziehen.

    Der Teufelskreis entsteht nur, wenn die Eltern nichts für ihre Kinder tun, ihre Bildung ignorieren und lieber all ihr Geld für sich selbst ausgeben, anstatt damit die Kinder zu fördern.

    Also muss nun alles Geld dafür aufgewandt werden, die Bildung des Kindes zu fördern? Selbst dann ist das Kind immer noch vom Gusto des_der Lehrer_in abhängig und mit Pech kommt es trotz all der Förderung nicht auf das Gymnasium. Besonders bei armen Kindern und/oder Kindern mit Migrationshintergrund ist es doch so, dass die Lehrkräfte da "standesgemäß" denken. Und die Empfehlung der Lehrkräfte hat besonders hier in Bayern Bedeutung, was zu massiver Ungleichheit in der Bildung führt.

  • Ich wäre für die Einführung von DEK: Deutsche Einheitskinder.
    Alle einheitlich gleich vom Staat in Maschinen gezüchtet. Vielleicht verschiedene "Klassen" (manche mit mehr Brain, andere mit mehr Muskeln).


    Dann eine staatliche Grundbildung die man ihnen reinzwängt auf militärisch streng organisierten Schulen. Danach dürfen sie frei einen Beruf wählen der ihrer "Klasse" entspricht. (Also die mit mehr Brain dürfen sich irgendwas wissenschaftlichens raussuchen.)


    Privatleben ist auch frei.

  • Das Märchen vom ungenutzten Potential kann man in die Tonne kloppen. Deutschland fehlt es sicher nicht an Begabtenförderung, zumal Begabtenförderung keinen ökomischen Sinn macht, weil wir von einer verschwindend geringen Minderheit sprechen. Was es Deutschland fehlt, ist Durchlässigkeit. Die Herkunft determiniert weiterhin viel zu stark den späteren Bildungs- und Lebensverlauf. Ganz ökonomisch gedacht liegt hier das Hauptproblem. Es bringt auch nichts, irgendwelche Begabte und Leistungsstarke zu fördern (die eine Minderheit sind), während man die Anderen gleich rausselektiert. Ein früher Selektionsprozess setzt auch ein falsches gesellschaftliches Signal, denn es fördert Elitismus und Dünkeldenken. Soziale Verantwortung lernen die zukünftigen Erfolgsmenschen dann überhaupt nicht. Willst du US-amerikanische und britische Verhältnisse in Deutschland? Nein, der Schlüssel liegt in der breiten Förderung und nicht in der Elitenförderung.

    Thema verfehlt. Niemand hat was von exklusiver Begabtenförderung erzählt. Wundert mich das du so für diese Gleichschaltung bist, obwohl das doch eigentlich Nazidenken ist.
    Kinder sind verschieden veranlagt. Mein Beispiel war doch ganz klar und simpel verständlich. Aufstiegsschancen für alle und Förderung je nach Begabung.
    Natürlich sind die klügsten am schnellsten. Das sind dann die die später Chirurgen und Anwälte werden. Das lässt sich nunmal nicht vermeiden das es intelligentere und dümmere gibt.
    Worauf Ich hinaus wollte, ist das Schüler mit Begabungen und Defiziten zugleich, nicht einen beschissenen Mittelweg nehmen müssen, sondern entsprechend ihrer Begabung gefördert werden
    und nicht von einem Schulsystem eingeengt werden. Wenn ein kleiner Ausländerjunge in Sprachen ein Genie ist und in den Naturwissenschaften ein Retard, dann soll er den gleichen Sprachkurs machen
    wie die Begabten und den Mathekurs eben mit den Schwächeren Schülern. Das ist der einzige Punkt. Ich kann mich noch beim Abi daran errinnern, wieviele solche Schüler es gab, auf jeder Seite des Spektrums.
    Welche die in Naturwissenschaften Überflieger waren und im Sprachlichen abgekackt sind und natürlich umgekehrt. Es sind sogar Leute von der Schule geflogen in der Hinsicht, teilweise weil sie auch schlecht beraten wurden.
    Da wurde Schülern mit Naturwissenschaftlichem Defizit nahegelegt, Physik als zweite Naturwissenschaft zu wählen statt Biologie, was vieeeel einfacher gewesen wäre.
    Und so sind Leute durchgefallen. Weil die Schulen behindert sind. 2 Jahre verkackt im Leben für nix. Und kein Abi.

  • Zitat von mapS

    Also muss nun alles Geld dafür aufgewandt werden, die Bildung des Kindes zu fördern? Selbst dann ist das Kind immer noch vom Gusto des_der Lehrer_in abhängig und mit Pech kommt es trotz all der Förderung nicht auf das Gymnasium.

    Ja klar kostet das Geld. Für kleine Einbußen kann man das bezahlen, wenn man nach Wegen sucht. Man kann professionelle Nachhilfe holen, die unverschämt teuer ist. Es gibt aber viel bessere Möglichkeiten: Man fragt Freunde der Familie/Nachbarn/Klassenkameraden/ältere Schüler, die die Klasse schon geschafft haben und gibt denen 10€/Woche. Bei uns im Lebensmittelladen gab es Bretter, wo Schüler öfters "Biete Nachhilfe in X!" aufgehangen haben. Schulen bieten auch manchmal eine Hausaufgabenbetreuung o.ä. an. Ich habe auf Grund meiner Sprachprobleme in Englisch und Deutsch an der Volkshochschule in unserer Stadt in den Ferien Intensivkurse belegt. Die kosten fast nichts und das Kind bekommt dort für ~2 Wochen 6Std/Tag nochmal ALLES in Deutsch/Englisch/Fach-nach-Wahl beigebracht. Man muss nur das Angebot wahrnehmen und dann auch zupacken, anstelle sich einfach nur zu beschweren.
    Ich hatte bis zum Abitur konstant meine Noten in fast jedem Fach um eine ganze Note bzw. 3 Leistungspunkte dank Rechtschreibfehlern reduziert. Das ist aber (fast) egal, da man entsprechend wählen kann: Hat man Probleme in der Sprache, lässt man sich beim Abitur eher auf den Naturwissenschaften prüfen oder eben andersrum. Deutsch ist zwar beim Abitur immer Pflicht, aber man ist bei der Abiturprüfung etwa 18. Da ist man auch alt genug schon vorher das Problem erkannt und bekämpft zu haben. Wenn einem wirklich gar keine Mittel zu Verfügung stehen, dann zur Not im Internet. Es wird zwar keine Eins oder Zwei in solchen Fällen, aber bestehen könnte man dann.
    Und wenn bei einem weder Sprachen noch Naturwissenschaften klappen, dann muss man einfach mal realistisch sein und sich überlegen, dass das Abitur für einen nicht geeignet ist. So schade es für die Einzelfälle auch ist, der höchste Bildungsgrad sollte nicht von jedem problemlos geschafft werden - und das ist auch gut so. Ein gewisses Niveau sollte man da doch erwarten können.


    Wenn man es nicht auf das Gymnasium auf Anhieb schafft, dann geht man zur Not den umständlichen Weg von der Hauptschule zur Realschule und dann zum Gymnasium. Wenn man weiß, was man machen will, ist das Fachabi eine sehr sinnvolle Alternative, die es sehr erleichtert. Ich kenne auch welche, die studieren wollen, und deshalb in der Abendschule ihr Abitur nachholen. Die Wege gibt es, man muss sie nur ergreifen. Es kann mal ein Jahr länger dauern, aber am Ende ist es trotzdem erreichbar.


    Leider ist es in niedrigen sozialen Schichten wohl üblich, dass die Eltern das wenige Geld gerne für Zigaretten, Alkohol oder Schuldenfallen durch irgendwelche Verträge vergeuden (klar verallgemeinere ich hier stark, aber genau so hab ich das Tag für Tag mitbekommen). Anstelle an die Zukunft der Kinder zu denken, denkt man kurzfristig und befriedigt das eigene Glück. 2 Päckchen Zigaretten/Woche hätten die Nachhilfe des Kindes sein können. Schade!
    Der Teufelskreis entsteht nicht in der Ausgangssituation, dass die Eltern die Sprache nicht können. Der entsteht, wenn sie (obwohl das Problem Sprache offensichtlich ist) nicht dagegen arbeiten und das sprachliche Problem nicht bekämpfen.
    Ich komme aus genau so einer Situation, wie du es beschrieben hast. Ich habe bei eigentlich jedem Kind, dass es nicht weiter geschafft hat, genau das oben beschriebene beobachten können. Meine Mutter hat relativ viel Zeit/Geld in meine Bildung investiert und es hat sich langfristig gelohnt. Exakt das gleiche bei den wenigen Freunden aus meiner Kindheit, mit denen ich noch Kontakt habe und die nicht 'abgerutscht' sind. Wegen meinen Erfahrungen bin ich auch fest der Meinung, dass in der sozial unteren Schicht, die Leute meist nicht in der Lage sind, mit Geld umzugehen bzw. sinnvoll und langfristig orientiert, für sich zu sorgen. Anstelle mehr Kindergeld/Sozialhilfe etc., wird es langsam mal Zeit, die Kinder billigere Nachhilfe, kostenloses Mittagessen und sonstiges für ihre Bildung bekommen. (ich bin keineswegs Links bzw. sozial eingestellt, teile aber ausnahmsweise mal hier eine soziale Meinung im Bereich Bildung)

    Zitat von xoxo

    Die Herkunft determiniert weiterhin viel zu stark den späteren Bildungs- und Lebensverlauf. Ganz ökonomisch gedacht liegt hier das Hauptproblem. Es bringt auch nichts, irgendwelche Begabte und Leistungsstarke zu fördern (die eine Minderheit sind), während man die Anderen gleich rausselektiert. Ein früher Selektionsprozess setzt auch ein falsches gesellschaftliches Signal, denn es fördert Elitismus und Dünkeldenken.

    Obwohl ich der Meinung bin, dass man es trotzdem schaffen kann, stimme ich dir voll zu. Die Selektion findet viel zu früh statt und mMn auf falschem Wege. Die Einordnung in die verschiedenen Schulformen basiert hauptsächlich auf einem Notendurchschnitt. Dieser ist aber einfach scheißegal, wenn jemand nur in einem Feld (sehr) gut ist. Bei mir war z.B. von Anfang an klar: Ich werde nichts machen, was groß mit Sprachen zu tun hat, und konzentriere mich auf Naturwissenschaften. Obwohl dort meine Noten top waren, musste ich oft fast das Jahr wiederholen, weil unsere Bildung eher Generalisten will, die überall gut sind und nicht nur dort, wo sie mal arbeiten wollen.

  • Das Momentane Schulsistem ist ziemlich unabhängig von Begabung, denn die prüft es nicht. Das Schulsystem erfordert Disziplin und die Fähigkeit, auswendig zu lernen. Kurz gesagt das, was als Voraussetzung ein geregeltes Umfeld hat. In einem schwierigen Umfeld der Familie, das von Unsicherheit regiert ist, wird man weder die nötige Ruhe zum Lernen finden, noch die Möglichkeit haben, sicher zu planen. Die Eltern werden auch weniger Zeit oder Motivation haben, dem Kind in schulischen Angelegenheiten zu helfen; falls ihre Bildung niedrig ist können sie es teilweise nicht, falls sie keinen oder nur einen schlecht bezahlten Arbeitsplatz haben, oder im Haushalt schlecht gewirtschaftet wird, bleibt kein Geld für Nachhilfe. Das System benachteiligt dadurch Benachteiligte, während Bevorteilte profitieren.


    Das andere Problem ist die Missbilligung nichtakademischer Berufe. In einer Zeit, in der das Ständesystem abgeschafft und Monarchen entmachtet sind, suchten sich die Menschen ein neues Kastensystem, um ihren Wert zu definieren. Als wertvoll wurde Bildung angesehen, oder das, was man dafür hält, in Form eines Abschlusses. Entsprechend will jeder diesen Abschluss, die Option ist der gesellschaftliche Abstieg. Mit Bildung selbst hat das nicht mehr viel zu tun, sie kommt höchstens am Rande vor, als Mittel zum Zweck. In Anbetracht dieser Perversion habe ich kein Problem damit, wenn das Abitur nichts besonderes ist, weil die Menschen so vielleicht auf kreativere, positivere Ideen kommen, wie sie sich definieren können. Hilfsbereitschaft zum Beispiel.


    Bezüglich Bildung selbst sehe ich es wie BMX. Die Schüler sollten in Kurse nach Leistungsfähigkeit eingeteilt werden, ob das an einer einzelnen Schule passiert, oder es auf mehrere aufgeteilt wird, ist mir persönlich egal. Die Schüler sollten weder über- noch unterfordert werden, sie sollten selbstständig denken können, anstatt nur auswendig zu lernen, was man ihnen vorgibt, und sie sollten keine Angst haben müssen. Lernen sollte nichts sein, wovor man sich fürchtet.

  • Jetzt ist natürlich die große Frage: Welche Konsequenzen sollte man daraus ziehen? Sollten Männer stärker gefördert werden und es für sie leichter werden den Notenmalus auszugleichen, denn sie aufgrund ihres Geschlechts bekommen? Sollten Frauen stärker gefördert werden? Sollte es schwieriger gemacht werden Teilzeitarbeit anzunehmen?Oder im Kern: Glaubt ihr dieser Unterschied liegt nur darin das Frauen durch die gesellschaftlichen Umstände daran gehindert werden genauso leistungsfähig* zu sein, oder meint ihr es liegt biologischen Grundprogramm, dass Männer mehr Ertrag erwirtschaften?

    Die jüngere Generation wünscht sich eine gute Work-Life-Balance, Teilzeit ist dafür ein wichtiger Faktor. Den zu erschweren, wäre für Frauen und auch generell für alle Arbeitnehmer sehr zum Nachteil.
    Die Unterschiede bei den Geschlechtern ergeben sich auf Grund unterschiedlicher Präferenzen.



    Worauf Ich hinaus wollte, ist das Schüler mit Begabungen und Defiziten zugleich, nicht einen beschissenen Mittelweg nehmen müssen, sondern entsprechend ihrer Begabung gefördert werdenund nicht von einem Schulsystem eingeengt werden. Wenn ein kleiner Ausländerjunge in Sprachen ein Genie ist und in den Naturwissenschaften ein Retard, dann soll er den gleichen Sprachkurs machen
    wie die Begabten und den Mathekurs eben mit den Schwächeren Schülern. Das ist der einzige Punkt. Ich kann mich noch beim Abi daran errinnern, wieviele solche Schüler es gab, auf jeder Seite des Spektrums.
    Welche die in Naturwissenschaften Überflieger waren und im Sprachlichen abgekackt sind und natürlich umgekehrt. Es sind sogar Leute von der Schule geflogen in der Hinsicht, teilweise weil sie auch schlecht beraten wurden.

    Auf dem Gymnasium gibt es doch die Möglichkeiten der Spezialisierung und zwar schon in Sek. I (in Sachsen ab der 8. Klasse) und später in Sek.II sowieso durch das Kurssystem. Somit wird den Begabungen der Schüler sehr wohl Rechnung getragen.


    Man darf aber auch nicht vergessen, dass das Abitur die allgemeine Hochschulreife ist und somit berechtigt, jedes Studium zu beginnen. Abiturienten sollten somit auch ein breit gefächertes Wissen haben.


    Und selbst wenn man es nicht aufs Gymnasium geschafft hat, so ist einem noch lange nicht der Weg zu einem akademischen Beruf verwehrt. Es gibt in Deutschland mehr als genug Möglichkeit auch ohne Abitur an einem normalen Gymnasium praktisch jede berufliche Tätigkeit und Stufe zu erlangen und viele nutzen das auch. Jeder, der vielleicht als junger Schüler aus welchen Gründen auch immer verkackt hat, kann trotzdem als Erwachsener erforderliche Bildungsabschlüsse nachholen, wenn er es nur will.

  • Das Gymnasium hat immer noch einen allgemeinen Bildungsanpruch, wer zum Fachidioten werden will, kann auf ein Fachgymnasium gehen.


    Kafkas Gemeinschatsschulentraum teile ich nicht, hatte schon im Gymnasium schon genug Idioten um mich herum, sodaß der Unterricht oft nicht wirklich fordernd war. Gerade aus solchen Gründen habe ich Philosophie in der Schule abgewählt.Das Unterrichtsniveau am Gymnasium ist schon niedrig genug, es sollte eher angehoben als gesenkt werden. Wenn ich mir so ansehe, was für Pappnasen schon alles das Abitur geschafft haben, frage ich mich wirklich, was der Wisch eigentlich wert ist, bzw. wie man ernsthaft von großem Leistungsdruck im Schulsystem reden kann. @Feidls Anmerkung zu alternativen Ausbildungswegen sei hierbei nochmal erwähnt, da wichtig und in solchen Debatten oft ignoriert.