Beiträge von Air im Thema „Bildungspolitik“

    Zitat von mapS

    Also muss nun alles Geld dafür aufgewandt werden, die Bildung des Kindes zu fördern? Selbst dann ist das Kind immer noch vom Gusto des_der Lehrer_in abhängig und mit Pech kommt es trotz all der Förderung nicht auf das Gymnasium.

    Ja klar kostet das Geld. Für kleine Einbußen kann man das bezahlen, wenn man nach Wegen sucht. Man kann professionelle Nachhilfe holen, die unverschämt teuer ist. Es gibt aber viel bessere Möglichkeiten: Man fragt Freunde der Familie/Nachbarn/Klassenkameraden/ältere Schüler, die die Klasse schon geschafft haben und gibt denen 10€/Woche. Bei uns im Lebensmittelladen gab es Bretter, wo Schüler öfters "Biete Nachhilfe in X!" aufgehangen haben. Schulen bieten auch manchmal eine Hausaufgabenbetreuung o.ä. an. Ich habe auf Grund meiner Sprachprobleme in Englisch und Deutsch an der Volkshochschule in unserer Stadt in den Ferien Intensivkurse belegt. Die kosten fast nichts und das Kind bekommt dort für ~2 Wochen 6Std/Tag nochmal ALLES in Deutsch/Englisch/Fach-nach-Wahl beigebracht. Man muss nur das Angebot wahrnehmen und dann auch zupacken, anstelle sich einfach nur zu beschweren.
    Ich hatte bis zum Abitur konstant meine Noten in fast jedem Fach um eine ganze Note bzw. 3 Leistungspunkte dank Rechtschreibfehlern reduziert. Das ist aber (fast) egal, da man entsprechend wählen kann: Hat man Probleme in der Sprache, lässt man sich beim Abitur eher auf den Naturwissenschaften prüfen oder eben andersrum. Deutsch ist zwar beim Abitur immer Pflicht, aber man ist bei der Abiturprüfung etwa 18. Da ist man auch alt genug schon vorher das Problem erkannt und bekämpft zu haben. Wenn einem wirklich gar keine Mittel zu Verfügung stehen, dann zur Not im Internet. Es wird zwar keine Eins oder Zwei in solchen Fällen, aber bestehen könnte man dann.
    Und wenn bei einem weder Sprachen noch Naturwissenschaften klappen, dann muss man einfach mal realistisch sein und sich überlegen, dass das Abitur für einen nicht geeignet ist. So schade es für die Einzelfälle auch ist, der höchste Bildungsgrad sollte nicht von jedem problemlos geschafft werden - und das ist auch gut so. Ein gewisses Niveau sollte man da doch erwarten können.


    Wenn man es nicht auf das Gymnasium auf Anhieb schafft, dann geht man zur Not den umständlichen Weg von der Hauptschule zur Realschule und dann zum Gymnasium. Wenn man weiß, was man machen will, ist das Fachabi eine sehr sinnvolle Alternative, die es sehr erleichtert. Ich kenne auch welche, die studieren wollen, und deshalb in der Abendschule ihr Abitur nachholen. Die Wege gibt es, man muss sie nur ergreifen. Es kann mal ein Jahr länger dauern, aber am Ende ist es trotzdem erreichbar.


    Leider ist es in niedrigen sozialen Schichten wohl üblich, dass die Eltern das wenige Geld gerne für Zigaretten, Alkohol oder Schuldenfallen durch irgendwelche Verträge vergeuden (klar verallgemeinere ich hier stark, aber genau so hab ich das Tag für Tag mitbekommen). Anstelle an die Zukunft der Kinder zu denken, denkt man kurzfristig und befriedigt das eigene Glück. 2 Päckchen Zigaretten/Woche hätten die Nachhilfe des Kindes sein können. Schade!
    Der Teufelskreis entsteht nicht in der Ausgangssituation, dass die Eltern die Sprache nicht können. Der entsteht, wenn sie (obwohl das Problem Sprache offensichtlich ist) nicht dagegen arbeiten und das sprachliche Problem nicht bekämpfen.
    Ich komme aus genau so einer Situation, wie du es beschrieben hast. Ich habe bei eigentlich jedem Kind, dass es nicht weiter geschafft hat, genau das oben beschriebene beobachten können. Meine Mutter hat relativ viel Zeit/Geld in meine Bildung investiert und es hat sich langfristig gelohnt. Exakt das gleiche bei den wenigen Freunden aus meiner Kindheit, mit denen ich noch Kontakt habe und die nicht 'abgerutscht' sind. Wegen meinen Erfahrungen bin ich auch fest der Meinung, dass in der sozial unteren Schicht, die Leute meist nicht in der Lage sind, mit Geld umzugehen bzw. sinnvoll und langfristig orientiert, für sich zu sorgen. Anstelle mehr Kindergeld/Sozialhilfe etc., wird es langsam mal Zeit, die Kinder billigere Nachhilfe, kostenloses Mittagessen und sonstiges für ihre Bildung bekommen. (ich bin keineswegs Links bzw. sozial eingestellt, teile aber ausnahmsweise mal hier eine soziale Meinung im Bereich Bildung)

    Zitat von xoxo

    Die Herkunft determiniert weiterhin viel zu stark den späteren Bildungs- und Lebensverlauf. Ganz ökonomisch gedacht liegt hier das Hauptproblem. Es bringt auch nichts, irgendwelche Begabte und Leistungsstarke zu fördern (die eine Minderheit sind), während man die Anderen gleich rausselektiert. Ein früher Selektionsprozess setzt auch ein falsches gesellschaftliches Signal, denn es fördert Elitismus und Dünkeldenken.

    Obwohl ich der Meinung bin, dass man es trotzdem schaffen kann, stimme ich dir voll zu. Die Selektion findet viel zu früh statt und mMn auf falschem Wege. Die Einordnung in die verschiedenen Schulformen basiert hauptsächlich auf einem Notendurchschnitt. Dieser ist aber einfach scheißegal, wenn jemand nur in einem Feld (sehr) gut ist. Bei mir war z.B. von Anfang an klar: Ich werde nichts machen, was groß mit Sprachen zu tun hat, und konzentriere mich auf Naturwissenschaften. Obwohl dort meine Noten top waren, musste ich oft fast das Jahr wiederholen, weil unsere Bildung eher Generalisten will, die überall gut sind und nicht nur dort, wo sie mal arbeiten wollen.

    Oder aber die Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund interessieren sich für die Bildung des Kindes, schicken es zur Schule und fördern es, selbst wenn sie die Sprache nicht können. Auch wenn das Kind dann noch mit Deutsch Probleme hat, ist es dank unserem Schulsystem fast egal - man bleibt nicht sitzen, wenn man in einem Fach eine 5 hat.
    Der Teufelskreis entsteht nur, wenn die Eltern nichts für ihre Kinder tun, ihre Bildung ignorieren und lieber all ihr Geld für sich selbst ausgeben, anstatt damit die Kinder zu fördern.