Plauderthread 2.0.1

  • Danke :-) ich sehe ja mittlerweile schon etwas länger, wie die Zustände im Krankenhaus sind, jedenfalls bei uns haben es die Assistenzärzte auch nicht leichter als wir Pfleger, eine Freundin von mir hat jetzt nach 3 Monaten schon 150 Überstunden :/: ich finde es halt schade, weil Pflege eigentlich ein spannender und schöner Beruf ist, aber die ganze Sparte ist, so wie es momentan läuft, einfach vollkommen am Boden. Unter normalen Bedingungen könnte ich es mir sogar vorstellen, für immer dort zu bleiben, aber ständig dieser Druck. Man hat mehrere beatmete Patienten, muss die Sedierung und die Medikamente richtig einstellen, evtl noch Dialysen mit dabei, alle paar Stunden Gasanalysen aus dem Blut machen, danach die Beatmung einstellen, dann noch der ganze Papierkram und wie es den Leuten und ihren Angehörigen geht, das kommt dann zum Schluss. Und ich bin ja nicht mal eine Fachkraft, der da so viel Verantwortung gegeben wird. Und wenn jemand Schäden davonträgt, weil irgendetwas übersehen wurde, kann man meistens nicht mal jemandem einen Vorwurf machen, weil alle gehetzt über den Flur rennen und am Ende sind. :-( Werdet am besten gar nicht erst krank

  • Too late! Aber ich verstehe dich gut. Das ist kräftezehrend und bei dem Fachkräftemangel kann man kaum was tun. Allerdings finde ich auch, dass Pfleger hoffnungslos unterbezahlt werden! Für das, was sie leisten (müssen), ist es auf jeden Fall zu wenig. Ich werde in meinem Job später entscheiden können, ob ich nun mit Menschen arbeiten will oder nicht und werde mich wahrscheinlich für letzteres entscheiden. Das hängt nicht damit zusammen, dass ich Menschen generell nicht mag (nur zum Teil xD), aber es ist auch einfach sehr belastend, wenn etwas mal nicht gut läuft. Da wird man auch im Studium nicht drauf vorbereitet und dann stehst du da mit der seelischen Last und manch einer kann damit nicht umgehen und nimmt die Arbeit also mit nach Hause. Deswegen...wäre vielleicht Forensik was für mich ^^°.

  • Allerdings finde ich auch, dass Pfleger hoffnungslos unterbezahlt werden! Für das, was sie leisten (müssen), ist es auf jeden Fall zu wenig.

    Jobs wurden noch nie nach der Intensität der Leistung bezahlt, sondern nach deiner Ersetzbarkeit und wieviel Geld du deinem Arbeitgeber generierst.^^


    Adler fliegen vielleicht hoch, aber Wiesel werden nicht in Düsentriebwerke eingesogen!

  • Wie gut ist denn bitte bisher ein Pfleger ersetzbar gewesen? Es wird doch auch gesagt, dass es zu wenige Pfleger gibt. Also so ersetzbar können sie dann ja nicht sein.

  • Ja, ob man ein Menschenfreund ist oder nicht, ist in dem Fall egal, es ist einfach gesünder, etwas zu machen, bei dem die Menschen nicht als Druckmittel gegen einen verwendet werden. Im Büro kann man mal einen Haufen Zettel liegen lassen, auf der Arbeit kann ich nicht sagen, ab 22 Uhr bitte keine Herzinfarkte mehr und auch bitte nicht mehr bimmeln, sie müssen ihre Vitalzeichen bis morgen um 8 jetzt allein im Griff haben:D Man weiß halt, dass wir alles machen, so lang es irgendwie möglich ist, auch wenn man dann halt 12h lang nicht aufs Klo geht, aber ist ja nicht schlimm, Zeit zum trinken hat man ja auch nicht :D
    deswegen hast du auf jeden Fall schon recht.

  • Altenpfleger werden gerne durch ungelernte Helfer ersetzt.

    Da wird man auch im Studium nicht drauf vorbereitet und dann stehst du da mit der seelischen Last und manch einer kann damit nicht umgehen und nimmt die Arbeit also mit nach Hause.

    Ich kenne ein paar Medizinstudenten, die emotional überraschend abgestumpft sind, und die wollen alle in solche Bereiche gehen, in denen du am meisten mit menschlichen Problemen konfrontiert wirst. Das verwirrt mich immer sehr, wenn eine Person, die keine Ahnung davon hat, wie es ist, in einer Psychiatrie gewesen zu sein und sich auch nicht hineinversetzen kann, in diesen Bereich gehen möchte. Oder eine Kinderhasserin die in die Pädiatrie gehen will.

  • Es ist im Gesundheitssystem einfach super viel falsch gelaufen, vor allem das mit den DRGs hat ihm das Genick gebrochen. Die alten Patienten mit ihren 20 Krankheiten liegen immer länger da und bringen immer weniger Geld ein. Deshalb wird ja jetzt schon operiert, obwohl es nicht nötig wäre, um mehr Geld zu erhalten. Das ist nicht mal Spaß, bettlägerige bekommen neue Gelenke, 90-Jährige neue Herzlöappen etc. und wenn jemand im OP stirbt, wird er schnell auf irgendeine Station auf den Flur geschoben, damit er nicht im OP gestorben ist, das wäre schlecht für die Statistik.


    Die meisten, die keine Lust auf viel Menschenkontakt haben, gehen in die Psychiatrie. Da muss man nicht so viel eklige Sachen machen und nur Tabletten verschreiben, je nachdem wo man ist, muss man auch nur kurze Aufnahmegespräche führen und den lästigen Teil übernehmen die Psychologen.

  • Ich könnte als Pharmazeut sagen, dass mich das ja nicht betrifft, aber es macht mich betroffen. Ich gehöre ja trotzdem zu dem Berufszweig und wie dieser mehr geschunden als repariert wird, ist unfassbar. Immer wieder frage ich mich wo die Kohle landet, die an allen Ecken und Enden eingespart wird (nicht nur im Bereich Gesundheit).

  • Ich kann es auch wirklich nicht nachvollziehen. Jeder wird mal krank. Und jeder leidet darunter, die Privatpatienten oder sogar die, die hier extra hinfliegen aus Saudi-Arabien oder so um sich bei uns behandeln zu lassen, die bekommen ja auch nicht mehr Zeit von der Pflege. Es hatten schon mehrere Kollegen in meinem Alter Bandscheibenvorfälle oder Depressionen durch den zu hohen Druck. Und in puncto Pharmazie, das ist auch skandalös. Alle Patienten, die bettflüchtig sind oder auch nur nervig oder zu viel reden bekommen Schlaftabletten, weil es sonst oft nicht anders geht. Es herrschen echt solche Missstände und es interessiert auch einach niemanden. Man sagt ja normalerweise immer "bis etwas passiert", aber in jedem Krankenhaus sterben tagtäglich Menschen, weil jemand etwas in Hektik übersehen hat oder man keine Zeit hatte und Dinge zu spät bemerkt wurden. Und trotzdem ändert sich nichts. Wir hatten erst in der Nacht auf Montag eine Patientin, die zwar über 80 war, aber noch komplett allein zu Hause war und sie lag auf einer normalen Station wegen einer Lungenentzündung. Da dort aber nur eine Schwester für 35 Patienten zuständig war, kam sie nur alle 3-4h in jedes Zimmer und hat deshalb nicht bemerken können, dass die Frau Probleme mit der Luft bekam. Jetzt liegt sie bei uns im Wachkoma und sabbert nur noch, obwohl sie mit ein bisschen Sauerstoff wahrscheinlich über die Runden gekommen wäre. Und das war jetzt nur der letzte Fall, den ich mitbekommen habe. Ich will jetzt hier auch nicht nur meckern, mein Job macht mir Spaß, aber ich habe immer das Gefühl, dass alle über diese "Missstände" reden, aber niemand versteht, dass in einem entwickelten Land wie unserem tatsächlich ständig Menschen daran sterben.

  • Es ist ja leider nicht nur im Krankenhaus so. Anscheinend gibt es mütterlicherseits bei den Frauen in meiner Familie das Problem mit Osteoporose (zumindest in der Elterngeneration bei 2 von 3) und meine Tante wurde erst behandelt, als sie sich Wirbel gebrochen hat. rein theoretisch hätte man das durch eine Spritze verhindern können, aber das zahlt die Krankenkasse NUR, wenn schon was passiert ist. Dagegen beschweren sich so viele. Ärzte, Apotheker, Pfleger...man kann sagen was man will und trotzdem bleibt es scheiße. Ja, ich mag meinen Beruf auch, aber wenn aufgezeigt Missstände einfach nur ignoriert werden, dann ist das einfach unglaublich frustrierend.

  • Auch wenn man dann halt 12h lang nicht aufs Klo geht, aber ist ja nicht schlimm, Zeit zum trinken hat man ja auch nicht :D

    Solche Perversitäten wie Toilettenverbote kennt man in der Wirtschaft auch. Und viel Spaß auf dem Arbeitsamt, wenn du häufiger mal einen Haufen Blätter liegen lässt. Unsere schöne, soziale Marktwirtschaft rutschte während den letzten Jahrzehnten vollständig in Richtung Pro-Arbeitgeber, wer denen nicht mehr bis zu seinen Füßen in den Popo kriecht, hat schlechte Karten.


    Es macht allerdings einen Unterschied das zumindest keine anderen Menschen unter Fehlern leiden müssen. Wenn ein übermüdeter Angestellter eine Charge verhaut, beschränkt sich der entstandene Schaden aufs finanzielle.

  • Wie gut ist denn bitte bisher ein Pfleger ersetzbar gewesen? Es wird doch auch gesagt, dass es zu wenige Pfleger gibt. Also so ersetzbar können sie dann ja nicht sein.

    Man braucht eben nur eine 3 Jährige Ausbildung, für die man nicht mal Abitur benötigt, teilweise sogar mit Hauptschulabschluss geht. Man benötigt also keine besonderen Talente und großartige Qualifikationen. Der Pool an Leuten mit solchen Anforderungen ist recht groß. Wie man diese dazu bewegt sich für diese Richtung zu entscheiden ist was anderes.
    Das meinte ich mit Ersetzbarkeit.


    Adler fliegen vielleicht hoch, aber Wiesel werden nicht in Düsentriebwerke eingesogen!

  • Das Problem ist, dass dies gerade nicht mehr unbedingt der Fall ist. zB meine Pflegeschule nimmt nur Abiturienten oder Leute, die schon ein FSJ oder Ähnliches gemacht haben und deshalb bleibt halt niemand über längere Zeit in der Pflege. Die "Ungebildeteren", die gerne in der Pflege bleiben würden, lässt man oft gar nicht mehr zur Ausbildung zu. Da hat man den Salat.

  • Oder du hast eine Situation wie in Südkorea, wo du selbst für Hilfstätigkeiten einen Uni-Abschluss brauchst. Für Leute, die in der Shadow Education tätig sind, ist das natürlich nice. Aber das würde manche hier sogar freuen, hier in Deutschland gibt es ja immerhin kaum Jobs im außerschulischen pädagogischen Bereich und die, die es gibt, wie Instrumental- oder Sportunterricht, werden idR schlecht bezahlt oder von Ehrenämtern übernommen.

  • Jobs wurden noch nie nach der Intensität der Leistung bezahlt, sondern nach deiner Ersetzbarkeit und wieviel Geld du deinem Arbeitgeber generierst.^^

    Das stimmt nicht, zumindest was die Ersetzbarkeit anbelangt. Denn die Arbeitgeber haben nicht immer die Möglichkeit mit mehr Geld die Fachkräfte zu binden.

  • was ammi erzählt, sind ja echt horrorstorries vom echten leben. und das, in einem so reichen land wie deutschland. das ist ja entsetzlich. ich habe mich mit diesem thema leider bisher überhaupt nicht auseinandergesetzt, vemute aber, dass es schon mal hilft, wenn der beruf wieder attraktiv (mehr moneten) gemacht wird. und natürlich entlastung durch mehr personal. der beruf ist eher für leute aus dem (eu)-ausland oder ländern wie den philippinen attraktiv. transmigranten, die die hart verdiente kohle im heimatland investieren.


    hinzu kommt, dass durch die privatisierung immer mehr nach gewinnmargen gezielt wird und weniger nach pflegeaspekten.

  • klar, wenn ich der Pflegedienstleitung sage, dass wir zu dritt im Dienst waren für 14 Patienten, sagt der nur "es leben doch noch alle und es wurden alle Medikamente angehängt" :D
    dass es da so aussieht und man nicht nur ärsche abwischt, wissen ja auch die wenigsten

  • Das stimmt nicht, zumindest was die Ersetzbarkeit anbelangt. Denn die Arbeitgeber haben nicht immer die Möglichkeit mit mehr Geld die Fachkräfte zu binden.

    Aye, Ersetzbarkeit war vielleicht ein falsch gewählter Begriff, meine damit eher das Angebot/Nachfrage Prinzip.


    Adler fliegen vielleicht hoch, aber Wiesel werden nicht in Düsentriebwerke eingesogen!